Dienstag, 27. Mai 2008

Ex Drummer

Belgien/Frankreich/Italien
2007
Farbe 100 Minuten

Regie:
Koen Mortier

Darsteller:
Dries van Hegen
Sam Louwyck
Norman Baert

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Drei obskure Gestalten belagern das Penthouse von Dries, einem intellektuellen Akademiker sowie Literat von stattlicher Bekanntheit, und unterbreiten ihm ein skurriles Angebot. Sie seien eine Rockband, die in ihrem Orchester jedoch eine Essenz schmerzlich vermisst: Einen Schlagzeuger. Er wäre die Wunschlösung um
am bevorstehenden Bandwettbewerb, und gleichzeitig einzigen Auftritt der Band, teilzunehmen. Fasziniert von der offensichtlichen Konfrontation mit der untersten Gesellschaftsschicht willigt Dries ein. Jedoch treibt ihn nicht nur seine profane Neugierde zu diesem Schritt, vielmehr soll diese ungewöhnliche Band-Konstellation Stoff für sein neuestes Werk liefern.


"The guys where at the door . I just let them in. What a Bunch of losers. They’re handicaped, just look at them. Smell them – they stink. Fantastic ehh. Three handicapped guys with a rock band without a drummer looking for fame and success ….. Darling we’ll use them . There’s a story in it."


Potentiellen Stoff für kurzweilige Geschichten bieten die Bandmitglieder dabei von selbst:
Bassist Jan leidet an einem steifen Arm den er von einem Schlaganfall (beim onanieren) davongetragen hat. Mitsamt seiner Mutter und seinem schwachsinnigen Vater haust er auf einem alten Hof, wobei letzterer seine Zeit vor allem ans Bett gekettet verbringt. Sänger Koen dagegen ist ein lispelnder Nazi, der gerne auch mal mit Jan's Mutter schläft oder Frauen umhaut wenn sie seinen Geduldsfaden überstrapazieren. Gitarrist Ivan ist fast taub, durchaus Gewaltbereit gegenüber seiner Frau, und kann ohne Koks nicht mal mehr das Fußballspielen genießen.

Ex Drummer entführt den Zuschauer also in disen abgewrackten Mikrokosmos des Bodensatzes einer Gesellschaft, der durch die Gegenwart des gegenläufigen Extrems (in Form von Dries) durchbrochen und bloßgestellt wird. Dries geht von Beginn an offen mit seiner geistigen Überlegenheit um und nutzt diese, um die Beziehungen zwischen den Band-Mitgliedern zu manipulieren und ihnen ihre hoffnungslose Unterlegenheit vorzuhalten. Er beginnt immer weitläufigere Fäden zu ziehen, die in einem Netz voller Verzweiflung, Gewalt,Trauer und schließlich auch Toter ausufern. Dabei zerfließt sein Charakter geradezu in Selbstgefälligkeit und Arroganz. Da die drei Gründungsmitglieder selber höchst asoziale Gestalten sind, bleibt die Wahl eines passenden Antagonisten also dem Zuschauer überlassen, und wird sich wohl auf die Wahl des kleineren Übels beschränken.

Erzählt wird diese Spirale aus Gewalt und Hoffnungslosigkeit in durchaus atmosphärischen Bildern und einigen gelungenen Spielereien. So läuft Sänger Koen in seiner Wohnung prinzipiell an der Decke entlang, es darf eine riesige wohnzimmer-große Vagina betreten werden (die vom Freund höchstpersönlich zu dieser Stattlichkeit "ausgebaut" wurde) oder Passagen des Films laufen rückwärts ab. "Ex Drummer" ist jedoch weit mehr als nur brutales abgefahrenes Spektakel, das die voyeuristischen Vorlieben des Publikums zu befriedigen weiß. Unter der aufpolierten Effekt-Haube verbirgt sich eine beißende Kritik am gesellschaftlichen Moral- und Klassendenken. So ist es dann nur Konsequent wenn die Oberschicht für ihre Taten an der Unterschicht keinerlei Bestrafung erwarten muss.

Ein packendes Debüt eine begabten Filmemachers, von dem hoffentlich noch viel zu hören (sehen) sein wird.





Review by Maiden

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