Mittwoch, 31. Januar 2007

Angst

Deutschland / Östereich 1983
Farbe 83 Minuten

Regie:
Gerald Kargl

Darsteller:
Rudolf Götz
Erwin Leder
Silvia Rabenreither
u.a.

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Gerald Kargl hat sich für „Angst“ teilweise an der wahren Begebenheit des von Werner Kniesek in Salzburg begangenen dreifach Mordes aus dem Jahre 1980 orientiert.

Der Film beginnt auf einer Straße in einem gutbürgerlichen Stadtviertel. Wir sehen einen jungen Mann (Erwin Leder, bekannt aus „Das Boot“ ), wie er wahllos an einer Haustür klopft und die daraufhin erscheinende Frau erschießt. In einer Gefängniszelle erfahren wir dann mehr über den Täter, der uns durch Voice-Over Monologe vorgestellt wird, in welchen er über seine Vergangenheit, seine Taten, seine Bedürfnisse, sein sexuelles Verlangen und seine furchtbare Kindheit erzählt. 10 Jahre später wird er aus dem Gefängnis entlassen und der uns während dem Film ständig begleitende innere Monolog lässt keine Zweifel daran dass er bald wieder morden wird. Auf der Suche nach einem passenden Opfer, begibt er sich in eine Raststätte in der Nähe einer Tankstelle und versucht danach, erst seit kurzem auf freiem Fuß, eine Taxifahrerin zu erdrosseln. Er scheitert, flieht in den Wald und stößt auf ein vermeintlich verlassenes Haus. Er bricht dort ein, trifft auf einen geistig behinderten Mann im Rollstuhl (Rudolf Götz), versteckt sich und wartet auf die Ankunft der restlichen Familie. Als schließlich eine ältere Frau (Silvia Rabenreither), ihre Tochter (Edith Rosset) und deren Hund gegen Abend das Haus betreten, beginnt er seinen sadistischen Machtgelüsten nachzugehen. Nachdem er die ältere Frau und die Tochter geknebelt und gefesselt hat, ersäuft er den geistig behinderten Sohn in der Badewanne, rechnet aber nicht mit dem Herzleiden der Frau, denn als er schließlich zu dieser zurückkommt ist sie bereits tot. Verzweifelt versucht er sie mit ihrer Medizin wiederzubeleben und ärgert sich darüber das er sie nun nicht mehr selber töten kann. Der Tochter gelingt es sich zu befreien und sie versucht zu fliehen, doch er verfolgt sie und sticht sie mit einem Küchenmesser ab, vergewaltigt danach ihren toten Körper und schläft schließlich auf ihr liegend ein. Am nächsten Morgen verstaut er die Leichen im Kofferraum des Autos der Familie, wäscht sich, nimmt sich einen frischen weißen Frack und fährt in den Ort. Unfähig den Wagen zu kontrollieren rammt er ein anderes Auto. Anstatt zu fliehen besucht er wieder die Raststätte in welcher er bereits einen Tag vorher war und verlässt den Wagen um etwas zu essen. Seine Sorglosigkeit, sein fehlendes Schuldbewusstsein zusammen mit seinem nervösen Verhalten und zerzausten Aussehen führen schließlich dazu dass die Polizei, die wegen des Unfalls nach ihm fahndet, ihn 24 Stunden nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde erneut festnimmt.


Kargl konfrontiert den Zuschauer mit einem Anti-Helden, zu dem sich schwer irgendeine Art von Sympathie empfinden lässt, dieser ist weder intelligent, noch charismatisch oder kreativ. Selbst auf dem Gebiet des Tötens, das er als seine Berufung empfindet, ist er nicht in der Lage seinen eigenen Idealen zu entsprechen. Diese Charakterisierung ist dann auch, neben der herausragenden Kameraarbeit die den Film auszeichnet, ausschlaggebend dafür mit der konventionellen Erzählweise des Serienkiller-Genres zu brechen und ein weiteres popularisieren, romantisieren oder glorifizieren des Täters zu vermeiden. Die fast durchgehende Erzählung des Films in Echtzeit, die vielen langen Kamerafahrten und ungewohnten Blickwinkel sollten konventionelle zynische Unterhaltungsmuster der Gewaltdarstellung umgehen und zum Gezeigten eine intellektuelle Distanz aufbauen, in wie fern dies gelungen ist lässt sich bezweifeln. Selbst Gerald Kargl meinte im Nachhinein er würde, wenn er den Film wiederholen müsste, einen Großteil der Gewalt in der Fantasie des Zuschauers (also Off-Screen) stattfinden lassen. Das ständige Voice-Over, seltene Dialogszenen, fehlende Sub-Plots, und die besondere Atmosphäre die Klaus Schulze mit seiner elektronischen Musik schafft unterstützen die subjektive Ebene dieses Dramas und tragen damit wesentlich dazu bei dass der Zuschauer sich in die abgedrehte Gedankenwelt des Mörders versetzten kann.


Gerald Kargl hat den Film, der immerhin 400.000 Euro kostete, weitgehend aus eigenen Mitteln realisiert. Vor allem die visuellen Innovationen, vieles speziell von Kameramann Zbig Rybczynski entwickelt, bedingten die hohen Produktionskosten.
„Angst“ ist in seiner schonungslosen Darstellung wahrscheinlich eines der realistischsten Portraits eines Mörders. Als Zuschauer erlebt man nicht nur den nervös erregten Täter, sondern auch die Angst und Verzweiflung der Opfer. Hier ist das Töten eben nicht etwas einfaches, planbares oder sauberes. Der Mörder müht sich ab, stolpert von einem Fehler in den Nächsten und fast von Anfang an steht fest dass er das Gefängnis, das er gerade verlassen hat, bald wieder sehen wird.



Review by Maddox


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